Held

Heute ist ein besonderer Tag! SIE hat zu mir gesagt: „Du bist mein Held!“ Und – bei aller Bescheidenheit – SIE hat ganz Recht. Warum? Nun:

Meine Office-Programme erinnerten mich seit Tagen mit enervierender Penetranz, dass die Software erneut aktiviert werden müsse. Also habe ich – dessen Ehrentitel nicht eben „der Gewissenhafte“ ist – einige Mühen aufwenden müssen, um den Aktivierungscode zu ermitteln. Dann ging es an dessen Eingabe und prompt kam die Antwort: „Wir können Ihre Software leider nicht aktivieren.“

Aber so rasch gibt ein Held nicht auf! In einem Moment völliger Selbstüberschätzung erkühnte ich mich, die Option „Telefonische Aktivierung“ zu wählen und wurde somit auf eine Seite weitergeleitet, auf der eine nicht enden wollende Zahlenkolonne drohte. Darüber ein Auswahlmenü, um meine Herkunftsregion einzugrenzen, die aber mit „Deutschland“ noch recht einfach zu entdecken war.

Dann meldete eine sehr freundliche, wenn auch etwas mechanisch klingende Stimme, dass sie sich wie Bolle freue, mich am anderen Ende der Strippe zu haben, und dass ich doch einen Moment warten solle. Und dann plärrte eine nicht zu ertragende Pausenmusik aus dem Handy-Lautsprecher. Doch auch das steht ein Held durch!

Irgendwann erklang glockenrein die Stimme einer jungen Frau, die mir mehrere Themen und die dazu einzugebende Nummer vorschlug, mich fragte, welches Betriebssystem ich verwende und mich bat, folgenden Satz nachzusprechen: 8107 (alle Ziffern in diesem Artikel sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit real existierenden Ziffern wären rein zufällig.) Auch diese Hürde habe ich mit Bravour genommen – ein Held eben!

Und dann ging’s los: „Bitte nennen Sie mir die ersten sieben Zahlen aus neun Zahlenblöcken.“

Ich bemühte mich um eine langsame, artikulierte Aussprache: „1234567“

Es: „Ich habe verstanden: 1234567. Ist das korrekt?“

Ich: „Ja!“

Es: „Dann nennen Sie mir die zweiten sieben Zahlen aus den neun Zahlenblöcken.“

Ich erspare dem Leser weitere Einzelheiten. Nur beim neunten und letzten Block wurde es spannend.

Ich: „2345678“

Es: „Ich habe verstanden: 234568. Ist das korrekt?“

Ich: „Nein.“

Es: „Dann wiederholen Sie bitte die…“

Ich habe nicht gezählt, wie oft das so ging. Irgendwann schlug es mir vor, den Zahlenblock meines Handys zu nutzen. Gesagt, getan! Doch nach Eintippen des neunten – Sie wissen schon – erklang es: „Die Rufnummer ist nicht vergeben.“ Das Telefonat mit dem Office-Support war beendet. Mein Handy hatte ich die Zahleneingabe als Rufnummer interpretiert. Manchmal können auch Helden ganz schön doof aus der Wäsche schauen.

Und dann ging das ganze Martyrium von vorne los. Anruf – Große Freude vom Band – Satz nachsprechen – usw. Und natürlich kam ich nicht umhin, die sattsam bekannten Zahlenblöcke vorzulesen. Ich fragte mich inzwischen, wann ich sie wohl auswendig kennen würde. Allein: am Ende des neunten Zahlenblocks, den Es ja nicht verstand, schlug Es mir vor, mich mit einem Mitarbeiter zu verbinden. Ich dachte nur: ‚Ein Mensch! Ein richtiger Mensch aus Fleisch und Blut!‘ und antwortete:

„Jaaaaa!“

Ohne Vorwarnung ertönte die Foltermusik wieder. Und dann meldete sich tatsächlich ein freundlicher Mann und bat mich, die neun Blöcke à sieben Zahlen vorzulesen….

Es hat tatsächlich geklappt! Was kein Arbeitgeber oder Software-Entwickler je vermuten würde: Ein simpler Mensch versteht, was man ihm sagt! Doch es war noch nicht vorbei! Der freundliche Mensch am anderen Ende der Leitung bat mich, folgende Zahlen in die Maske einzugeben… Sie ahnen es: Neun Blöcke à sieben Zahlen.

Ich tat, was getan werden musste.

Am Ende sagte der Mensch aus Fleisch und Blut:

„Jetzt klicken Sie bitte auf den Button ‚Weiter‘.“

Da geschah das Wunder. Eigentlich hatte ich ja mit einer Fanfare gerechnet oder einem Feuerwerk vor meinem Balkon. Aber da stand nur: „Ihre Software wurde aktiviert.“ Endstation Sehnsucht.

Wie in Trance vernahm ich aus dem Handy:

„Ok. Ich freue mich, dass ich Ihnen helfen konnte.“

 

Das war’s.  Bin ich ein Held?

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