65 Jahre getrennter Sozialisation prallen derzeit geballt und ungebremst aufeinander in unserer Rentnerliebe. Mir kann es der Lichter und Kerzen kaum genug sein. Dabei folgt die Dekoration strengen Regeln und bedarf definierter Komponenten. Ein Weihnachtsbaum muss sein. Ein Adventskranz pünktlich vier Wochen vor dem Fest. Mit vier Kerzen versteht sich, derer bitteschön je eine mehr pro Adventssonntag angezündet werden dürfen. Und eine Krippe mit dem lieben Jesulein, betend davor der alte Josef und die jungfräuliche Maria, den drei heiligen Königen und den Hirten auf dem Felde.
Sie findet das alles weitgehend überflüssig. Ein Christbaum? 50 Euro für zwei Wochen? Und überhaupt: „Wie vereinbasrt Du die Abholzung zahlloser CO2-absorbierender Nadelhölzer mit Deinem ökologischen Fußabdruck?“ Punkt für sie. „Es genügen doch durchaus ein paar schöne Zweige.“ „Ja – aber da kann man keine Kerzen stellen.“, wende ich ein. Sie: „Wir haben doch diese Kette mit vielen kleinen LED-Lichtern.“ – „Um Gottes Willen! Das ist geschmackloses Kirmes-Gebamsel!“ erzürne ich mich, offenbar im Besitz guten Geschmacks dünkend.
Ich kürze das mal ab.
Als durchaus erfreulich sei jedoch vermerkt, dass die Beziehung zweier Senioren von gegenseitiger Toleranz und Kompromissfähigkeit gekennzeichnet ist und auch sein muss.
Schlussendlich fand sich folgendes Ensemble: Der Adventskranz ist von Ikea – mithin unecht, und in seiner Mitte steht – eine Kerze. Auch der Weihnachtsbaum wird über Jahre zu jeder Jahreszeit grünen. Sogar die Krippe ist genehmigt. Allerdings habe ich mich zugegebenermaßen ein wenig amüsiert einverstanden erklärt, sie mit Playmobilfiguren zu bevölkern.
Da aber nun einmal ich die Geschichte hier schreibe, nehme ich mir auch das letzte Wort. Es ist doch bezeichnend, dass wir über die Frage „ob überhaupt“ im Grunde gar nicht diskutiert haben.
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